Eukaryoten haben einen Zellkern, Prokaryoten dagegen nicht. Doch das ist nur einer von vielen Unterschieden. Prokaryoten fehlt nicht nur der Zellkern, sie enthalten gar keine membranumhüllten Organellen. Kein endoplasmatisches Retikulum, keine Dictyosomen, keine Chloroplasten, keine Mitochondrien und so weiter. Doch wie entwickelte sich ausgehend von einfachen Prokaryoten die komplexe Vielfalt der eukaryotischen Zellen? Mit dieser Frage beschäftigen wir uns heute im Biofunk. Und wir werden sehen, dass am Anfang dieser Entwicklung nicht der Zellkern stand. Sondern das Mitochondrium …
Mitochondrien kommen in großer Zahl in Zellen vor. Je höher der Energiebedarf der Zelle, desto mehr Mitochondrien, oftmals mehrere 1000. Sie werden auch als Kraftwerke der Zelle bezeichnet. Denn Mitochondrien wandeln die Energie, die in der Nahrung, besonders in Glukose steckt, in chemische Energie um. Den Prozess bezeichnet man als Zellatmung und dabei entstehen ATP-Moleküle. ATP ist die universelle Energiewährung in der Zelle.
Abb. 1: Aufbau eines Mitochondriums
Ein Mitochondrium hat die gleiche Form und Größe wie ein stäbchenförmiges Bakterium. Diese Ähnlichkeit viel einigen Wissenschaftlern bereits Anfang des 20. Jahrhunderts auf. Zudem vermehren sich Mitochondrien wie Bakterien: Durch Zweiteilung, aus einem Mitochondrium entstehen zwei Tochtermitochondrien. Gibt es einen Zusammenhang zwischen Bakterien und Mitochondrien? Diese Frage blieb die nächsten Jahrzehnte unbeantwortet. In den 1960er Jahren wurde die Debatte wieder entfacht. Wissenschaftler konnten nachweisen, dass Mitochondrien ihre eigene DNA enthalten. Bisher ging man davon aus, dass nur der Zellkern DNA enthält, eben das Erbgut der Zelle. Die restlichen Organellen dagegen nicht. Wie kommen die Mitochondrien zu ihrer DNA? Die Wissenschaftlerin Lynn Margulis trug alle bekannten Fakten zusammen und entwickelte die Endosymbionten-Hypothese. Die wurden in den folgenden Jahrzehnten weiterentwickelt.
Wie entstand der erste Eukaryot? Die meisten Wissenschaftler gehen von folgendem Szenario aus. 2 prokaryotische Zellen fanden zusammen, und zwar ein Archaeon und ein Bakterium. Das Archaeon und das Bakterium lebten wahrscheinlich in einer engen Gemeinschaft, da sich ihre Stoffwechsel ergänzten. Das Archaeon stellte zum Beispiel ein Stoffwechselprodukt her, das das Bakterium weiterverwenden konnte. Schließlich wurde das Bakterium in die Archaeon-Zelle aufgenommen und lebte dort weiter. Nach und nach verlor das Bakterium seine Selbstständigkeit, ein Großteil seiner Gene wurde in das Erbgut des Archaeons übertragen. Und aus diesen intrazellulären Bakterien entwickelten sich die Mitochondrien.
Weitere Informationen
Nautilus: The Unique Merger That Made You (and Ewe, and Yew)
genetics unzipped: Moving in together – How the theory of endosymbiosis changed biology
Current Biology: Endosymbiosis and Eukaryotic Cell Evolution
Journal of Theoretical Biology: Serial endosymbiosis or singular event at the origin of eukaryotes?
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